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Kapitel 6

Der leitende Sicherheitsoffizier der Tycho, ein Russe namens Rostov, betrat den Transporterraum und grüsste den Chief, der hinter der Konsole stand, mit einem knappen Nicken. Dann wandte er sich der Plattform zu, nahm Haltung ein und gab dem Chief den Befehl: «Energie.»

Auf der Plattform manifestierte sich die hoch gewachsene Andorianerin T’Lora Soral im Strahl des Transporters. Die Offizierin des Geheimdiensts trug eine Schultertasche und hielt ein PADD in der Hand. Sie blickte sich systematisch rasch um, während ihre Antennen sich sanft nach aussen und anschliessend nach vorne wiegten, bevor sie vom Podest trat.

«Lieutenant Commander Soral, willkommen an Bord der U.S.S. Tycho.» Der Russe stellte sich ihr vor und kam ohne Umschweife zur Sache: «Mein Name ist Jamin Rostov, ich bin Chief Security & Tactical Officer. Ich darf Sie zu Commander Ramirez begleiten.»

Soral, die einen halben Kopf grösser war als Rostov, musterte den Sicherheits-Chef mit aufgerichteten Antennen von oben bis unten. «Vielen Dank für das Angebot, Lieutenant, ich komme später gerne darauf zurück. Zuerst muss ich Lieutenant Commander Morro sprechen, und zwar unter vier Augen. Wo finde ich ihn?»

Rostov runzelte die Stirn und wich keinen Zentimeter zurück. «Tut mir leid, Lieutenant Commander. Mein Befehl lautet, Sie direkt nach Ihrer Ankunft zur Commander zu bringen.»

«Ihr Befehl gilt noch nicht für mich, Lieutenant», wies Soral den Sicherheitsoffizier zurecht und lächelte süffisant. «Noch rapportiere ich ausschliesslich an Captain Gralok vom Geheimdienst der Sternenflotte, bis Commander Ramirez meinen Dienstantritt als Verbindungsoffizierin quittiert. Und das ist bisher», sagte sie und hielt ihm das PADD unter die Nase, «noch nicht geschehen.»

Jamin Rostov blieb unbeirrt. «Solange Sie ihre Rolle als Liaison Officer noch nicht offiziell angetreten haben, gelten Sie als Gast und haben sich an die Anweisungen des Sicherheitspersonals zu halten.» Nun lächelte er selbstsicher. «Also auch an meine Anweisungen.»

Soral musterte Rostov erneut. «Hm, gut gespielt», musste sie mit einem Anflug von Überraschung anerkennen. Und als habe der bisherige Wortwechsel gar nicht stattgefunden, schlug sie unvermittelt einen vorwurfsvollen Ton an. «Worauf warten Sie noch? Bringen Sie mich bitte zu Commander Ramirez. Ich habe schliesslich nicht den ganzen Tag Zeit.»

Der Sicherheitsoffizier wirkte für den Bruchteil einer Sekunde perplex, schien dann aber zu realisieren, dass sie weiter Spielchen mit ihm trieb, und fing sich wieder.

«Wenn Sie dann endlich so weit wären, bitte hier entlang», spielte Rostov mit und deutete einladend in Richtung Korridor.

Soral liess sich nicht weiter bitten und schritt durch die Tür. Rostov warf dem Transporter Chief einen entnervten und resignierten Blick zu, der das Wortgefecht leicht amüsiert verfolgt hatte, und folgte der Geheimdienstoffizierin.


Sofia Ramirez stand mit einem eher schmächtig wirkenden Denobulaner an der Wissenschaftskonsole auf der Brücke der U.S.S. Tycho und scrollte über den Bericht der fertig konfigurierten Experimentalsensorik.

«Ist der Energiebedarf für diese Sensoren tatsächlich so gross, Dr. Soren? Das ist doch massiv… Entspricht das nicht rund einem Zehntel unserer Gesamtenergie?»

«Das ist korrekt, Commander», bestätigte Soren mit einem gemächlichen Kopfnicken. «Darum haben wir auch die Dilithiumkristallkammer vergrössern und verstärken müssen, damit die Tycho mehr Energie generieren kann. Wir sind dabei ans Limit gegangen. Ohne diese Änderungen wäre der relative Bedarf durch die neuen Sensoren noch höher, nämlich über 15%.»

Commander Ramirez’ erhobenen Augenbrauen zeugten von ihrer Verwunderung. «Unglaublich! Das heisst also, trotz Vergrösserung unserer Energiekapazität steht uns in einer Krisensituation 10% weniger Energie zur Verfügung, wenn ‹Echo› aktiv ist?»

«Richtig. Es handelt sich um aktive Sensoren, die Resonanzsignale im Schwerekraftfeld aussenden und entsprechende Reflektionen wieder auffangen. Diese Resonanz zu generieren, kostet momentan enorm viel Energie. Zu viel Energie. Darum ist es wichtig, dass wir den Prototyp weiterentwickeln und unter anderem den Energiebedarf dieser Sensortechnologie reduzieren.»

«Ich verstehe.»

Die beiden wurden durch Lieutenant Conti unterbrochen. «Ma’am, Lieutenant Commander Soral vom Geheimdienst ist jetzt an Bord», meldete er, hinter seiner Konsole stehend. «Die Crew ist damit vollzählig und wir können ablegen, wenn Sie wünschen.»

Ramirez bedankte sich rasch bei Dr. Soren. Dann erklomm sie schwungvoll die zwei Stufen von der Wissenschaftskonsole zur Kommandobrücke und setzte sich neben ihrem Ersten Offizier auf den Sessel der Kommandantin. In ihrem Gesichtsausdruck war eine Mischung aus Spannung, Freude und Stolz zu erkennen. «Wunderbar, Mr. Conti. An alle: Bereit machen zum Abflug!»

«Aye, Ma’am.»

Schlagartig stieg die Spannung auf der Brücke. Auf allen Stationen begannen die Offizierinnen und Offiziere emsig, ihre Startprotokolle zu durchlaufen und ihre Abflugbereitschaft sicherzustellen.

Ramirez betätigte eine Taste auf der Konsole neben ihrem Sessel und aktivierte die Kommunikationsanlage für eine Durchsage auf dem gesamten Schiff. «Hier spricht Commander Ramirez. Ich bin erst seit gestern an Bord und konnte daher nur ein paar von Ihnen bisher persönlich treffen und kennen lernen. Ich freue mich schon, in den nächsten Stunden und Tagen Ihnen allen persönlich zu begegnen. Und doch weiss ich schon jetzt, dass unser feines Schiff von einer herausragenden Crew besetzt ist.»

Sie blickte McGregor an, nickte ihm gut gelaunt zu und fuhr fort: «Vor uns liegt eine äusserst anspruchsvolle Mission, die jeder und jedem Einzelnen von uns viel abverlangen wird. Ich zähle darauf, dass Sie Ihren besten Dienst leisten und sich alle aufopferungsvoll um das Wohlergehen ihrer Crew-Mitglieder kümmern werden. Wie Sie wissen, liegt es in unserer Hand, dem unsäglichen Krieg mit dieser Mission eine entscheidende Wendung zu geben. Das ist eine grosse Aufgabe und Ehre zugleich. Dafür wünsche ich uns allen von Herzen viel Erfolg. Wir beginnen nun mit der Abflugprozedur. Ramirez, Ende.»

Aiden McGregor übernahm das Prozedere und folgte der Checkliste auf seiner Konsole. «An alle leitenden Offiziere, Bereitschaftsstatus. Maschinenraum?» «Alle Systeme bereit», meldete Keva über das Kommunikationssystem.

«Wissenschaftslabor?» «Wissenschaft bereit», ertönte Morros Stimme.

«Krankenstation?» «Bereit für den Abflug, Sir», bestätigte T’Laal.

Als nächstes ging McGregor die Brückenoffiziere durch: «Operations, Mr. Conti?» «Alles bereit, Commander.»

«Mrs. Valeris, Security & Tactical?» «Deflektor- und Schildsysteme bereit, Sir.»

«Mrs. Chen, Helm?» «Bereit. Und die Freigabe vom Dock haben wir auch schon erhalten.»

McGregor wandte sich an Ramirez. «Wir sind startklar, Ma’am.»

In diesem Moment erschien Soral auf der Brücke, gefolgt von Rostov, und trat zur Reling hinter der Kommandobrücke, von wo sie das Ablegemanöver verfolgte.

«Danke, Commander», sagte Ramirez erfreut. «Lieutenant Chen, führen Sie uns aus dem Orbitaldock.»

«Aye, Commander», bestätigte die Pilotin und bediente ihre Steuerkonsole mit flinken Fingern. Während sie dem Computer die Steuerbefehle gab, liess sie die Brücken-Crew wissen, was sie tat. «Andockklammern gelöst… Dorsalschubdüsen für zwei Sekunden auf 20%… Hauptschubtriebwerke auf halbe Kraft.» Einen Augenblick später bestätigte sie: «Geschwindigkeit 8 m/s und steigend. 12. 20. Ma’am, nach drei Wochen als lahme Ente im Dock sind wir offiziell wieder flügge. Wir haben den Perimeter des Docks soeben verlassen. Welchen Kurs darf ich anlegen?»

«Kurs 1-7-3 Mark 3. Warp 2.»

«1-7-3 Mark 3, aye», wiederholte Chen.

«Vámonos – auf geht’s!» befahl Sofia Ramirez mit einem Lächeln im Gesicht.